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Die Wüstengeister

Textauszüge > Band 1

Die Wüstengeister



Die Erde begann zu vibrieren. Ganz leicht nur, aber man konnte es dennoch spüren. Es war ein gleichmäßiger Takt. Trommeln waren zu hören. Anfangs nur entfernt, doch das Geräusch kam immer näher. Wie alle anderen auch blickte Laura zu einer breiten Straße aus Sand, die lange geradeaus verlief, bis sie in einer Kurve zwischen den Bäumen verschwand. Laura hatte das Bedürfnis sich im Takt der Trommeln zu wiegen, doch wie die anderen blieb sie vollkommen still stehen.
Es war soweit.
Zwischen den Bäumen traten sie hervor wie Geister. Mit majestätisch erhobenen Häuptern, die Muskeln bis zum Zerreißen gespannt, schritten sie auf die wartende Menge zu. Sie bewegten sich so geschmeidig, wie nur Raubkatzen es vermochten. Laura blinzelte ein paarmal. Raubkatzen, die Wüstengeister waren in Wirklichkeit Raubkatzen! In Viererreihen kamen sie auf sie zu, wobei die ersten vier sich erheblich von den restlichen unterschieden. Sie waren um vieles größer und imposanter. Ihre Kiefer wirkten kräftiger und ihre Zähne länger und schärfer. Dennoch erkannte man noch deutlich, worum es sich bei den vieren handelte. Da waren ein Löwe, ein Gepard, ein Leopard und ein Tiger. Trotzdem sie gefährlicher aussahen als der Rest, hatten sie etwas ans sich, das einem die Furcht nahm. Vielleicht war es das stolze Auftreten. Wie sie mit hocherhobenen Häuptern voranschritten. Die Ruhe, die sie ausstrahlten, während sie zielstrebig auf das Podest zusteuerten. Alles zusammen machte sie zu höchst respekteinflößenden Geschöpfen.
Hinter ihnen nahmen die Reihen der Raubkatzen kein Ende. Laura schauderte. Es war schon ehrfurchterweckend, solche Tiere hinter einem dicken Sicherheitsglas zu beobachten. Hier hingegen gab es nichts, das sie vor dieser Unmenge an großen Katzen schützen könnte. Und man konnte es problemlos an ihren Augen ablesen. Diese Tiere waren alles andere als zahm. Es sah viel mehr so aus, als würden sie nur durch irgendeine unsichtbare Barriere davon abgehalten, sich sofort auf die umliegenden Personen zu stürzen. Ihr wütendes Grollen und Fauchen wurde nur geringfügig von den Trommeln übertönt.
Die Menschen um Laura herum begannen sich zu verneigen, als die vorderen vier Wüstengeister an ihnen vorbeischritten. Laura tat es ihnen gleich. Sie hätte auch nicht anders gekonnt. Der Anblick war so überwältigend, dass sie eine Gänsehaut bekam. Dieser Moment würde ihr immer in Erinnerung bleiben.
Bis zum Ende war der Platz randvoll mit Hunderten dieser hoheitsvollen Tiere. Direkt hinter ihnen marschierte eine Armee von Kortarken auf, was kaum zu übersehen war, da sie Harora und Solem sehr ähnlich waren.
Die Trommeln, die von den vordersten Soldaten geschlagen wurden, verstummten. Erneut legte sich Stille über das Feld.
Alle Blicke richteten sich nun gleichzeitig nach vorne auf das Podest. Mit Staunen beobachteten sie, wie sich über den vier großen Wüstengeistern farblose Gestalten bildeten. Eine für jeden Geist. Greise, die aussahen, als wären sie direkt mit den Tieren verbunden. Sie waren einmal mehr, einmal weniger gut zu sehen, so als würden sie sich immer wieder kurz in Luft auflösen. Zumindest war jetzt klar, warum man diese Tiere Geister nannte.


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